Polenaustausch 2016

Die Stadt und das Meer

Schüleraustausch mit VII LO in Szczecin (Polen), 25.09. – 01.10.2016

Das fängt ja gut an! Am Abend vor der Abreise stellte ich bei einem zufälligen Blick auf die Website der Deutschen Bahn fest, dass unsere bewährte Verbindung nach Szczecin – 7.31 h ab Bebra – diesmal wegen Baustellen nicht funktionieren würde. Alternative: 7.04 h, ebenfalls Bebra. Ein aufwendiger und aufregender Rundruf bei den Teilnehmern folgt. Gegen Mitternacht sind alle informiert und nach einer kurzen Nacht pünktlich am Bahnhof.

Umsteigen in Eisenach, nächste Komplikation: statt Daten für unseren nächsten Zug steht da: „Zug fällt aus“. Nun, auch Züge gehen mal kaputt – aber warum gerade unser? Am Ende bedeutet dies: drei Stunden später in Szczecin als geplant; insgesamt eine 12-Stunden-Reise. Immerhin mit einem längeren Aufenthalt in Berlin Hauptbahnhof, den man für einen Imbiss und zu einem unerwarteten Treffen mit Herrn Heinzerling, Teilnehmer am Berlin-Marathon, nutzen konnte.

Beim letzten Tageslicht in Szczecin angekommen, wurde ein Teil von uns auf Gastfamilien verteilt. Ein anderer Teil der Gruppe kam zusammen mit den Lehrern in die Jugendherberge CUMA, ein Haus mit Hostelcharakter, in einem Villenviertel am Rand des Zentrums gelegen. Diesmal standen nicht genug polnische Gastgeber zur Verfügung, so dass wir zu dieser Lösung greifen mussten. Die „Gruppe CUMA“ lernte so zwar keine polnische Familie kennen, hatte aber trotzdem Spaß und genoss die Fahrt.

Montag in der Schule mit Begrüßung, integrativen Spielen auf Englisch und einem opulenten Frühstücksbuffet (es war der „Tag des Internationalen Frühstücks“), nachmittags mit einer kleinen Stadtführung und ein erstes Kennen Lernen der „GALERIA KASKADA“, das neue Einkaufszentrum inmitten der Stadt, etwa 30-mal so groß wie das Rotenburg-Center (wie auch Szczecin etwa 30-mal so groß wie unsere Stadt ist …).

Am Dienstag fuhren alle – 20 deutsche, zehn polnische Schüler, vier Lehrer beider Nationen sowie Damian, unser Reiseleiter – nach Międzyzdroje auf der Insel Wolin, die zusammen mit Usedom das Stettiner Haff von der Ostsee trennt. Auf der erstaunlich bergigen Insel machten wir kleine Wanderungen zu Aussichtspunkten und zu einem Wildgehege mit Wisenten (inoffizielles) und Seeadlern (offizielles polnisches Wappentier).

Am Abend kamen wir, nachdem unser Bus die Swine per Fähre überquert hatte, in unserer Ferienanlage in Świnoujście (Swinemünde) an, verteilten die Zimmer zu aller Zufriedenheit und bekamen Abendessen und danach Freizeit.

Die Anlage für die nächsten Tage ist schwer zu beschreiben! Ähnlich wie ein Appartmenthotel, aber altmodischer und mit „sozialistischem Charme“, vielleicht aus den 1980-er Jahren stammend. Zimmer und Bäder waren gut, Geräuschdämmung aber praktisch nicht vorhanden. Frühstück und Abendessen in Buffetform, in einer Art Kantine eingenommen: gutes Essen, typisch polnisch mit viel Wurst, seltsamen Beilagen wie Reis mit Zimt und Zucker, Rührei und Schinken zum Frühstück (Marmelade musste man erst suchen). Das Ganze war wie eine kleine Reise in die Vergangenheit. Beispiel: die winzigen dünnen Servietten in den Ständern auf dem Tisch, für uns Lehrer Erinnerung an DDR-HO-Gaststätten. Die Schüler kennen das zum Glück nicht mehr!

Vielleicht war unsere Anlage einmal als Erholungsheim für Familien gebaut worden. Jetzt war sie von Schulgruppen und von Senioren bewohnt – eine Kombination, die trotz fehlender Geräuschdämmung gut funktionierte.

Mittwoch in Swinoujście: Wanderung am Meer entlang zur Mühlenbake am Ende der Mole, dann ins Stadtzentrum und zurück in unsere Anlage. Wir Lehrer mussten ständig unseren Guide Damian bremsen, der uns zu abgelegenen Zielen – Kirchtürme, Museen – als zusätzlichen Programmpunkten führen wollte. Liebenswerter junger Mann, aber die Kapazitäten unserer Gruppe weit überschätzend! Zurück zu Hause: nach kurzer Ruhepause eine Runde Sport auf dem Sandplatz in der Anlage, wo sich zeigte, dass in unseren Jungen und Mädchen (und auch in Damian!) erhebliches fußballerisches Potential steckt. Abendprogramm diesmal: Singen am nächtlichen Strand und Disco in der Anlage.

Donnerstag: Rückreise nach Szczecin in die Gastfamilien bzw. in das CUMA. Unterwegs: die gut erhaltene preußische Festung „Fort Gerhard“ mit einer Aktiv-Führung, bei der wir in dunkle Löcher kriechen und exerzieren mussten, zum Schluss mit dem Ausruf „ku chwale fortu!“ (zum Ruhme des Forts!) vereidigt und mit einem Kanonenschuss verabschiedet wurden. Noch einmal Leuchtturm, noch einmal Strand, dann zurück. Zum Lohn für das anstrengende Hin und Her bekamen wir im CUMA bessere Zimmer für die zwei letzten Tage.

Freitag, morgens in der Schule: Arbeit am Projekt, das in einer Fotodokumentation der Austauschtage bestand und zu einer Reihe fantasievoller Plakate führte. Dann: den ganzen Nachmittag Freizeit, den einige zu einem sechsstündigen Shopping-Marathon in den Zentren GALAXY und KASKADA nutzten. Die CUMA-Leute, die ja kein Abendessen in den Familien hatten, bekamen ein Essen im Restaurant SPHINX spendiert – gleichzeitig wurde dort mit den polnischen Kollegen der nächste Austausch Ende März 2017 besprochen, der bei uns stattfindet und der eine Exkursion nach Hamburg enthalten wird.

Samstagmorgen, 8.00 h: alle pünktlich am Bahnhof Szczecin Główny, und eine für den Nahverkehr sehr schnelle Verbindung (nur gut neun Stunden!) sorgte dafür, dass alle nachmittags schon zu Hause waren. Alle? Nein … aber das ist eine andere Geschichte …

Matthias Brüggemeier-Koch, Gernold Jansky

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